28
Sep

Und was ess‘ ich jetzt?

Bist du Vegetarierin? Diese Frage wird mir unglaublich oft gestellt, wenn ich irgendwo ein vegetarisches Essen bestelle oder erkläre was ich eigentlich studiere. Und die Antwort ist immer wieder ziemlich kompliziert:

„Ja schon irgendwie, aber nicht so richtig, also ich esse schon Fleisch, aber nur sehr wenig. Zuhause esse ich vegetarisch, aber wenn ich woanders esse dann schon mal Fleisch. Ich will eben nicht, dass man für mich extra kochen muss, und dann dadurch noch mehr Essen weggeworfen wird. Außerdem mag ich Fleisch sehr gerne und möchte ab und zu einfach welches essen. Ich muss mir unterwegs auch mehr Optionen offenhalten wegen der Histaminintoleranz… Wenn alle vegetarischen Optionen Soja o.Ä. enthalten habe ich ein Problem. Aber wenn sie das nicht tun, dann wähle ich sie meistens.“

Aber irgendwie habe ich keine Lust jedes Mal diese langen Ausführungen machen zu müssen und außerdem wird nicht jeder so viel Detail hören wollen.
Der Begriff Flexitarier gefällt mir auch nicht so, das deckt ja alles ab, von ich esse einen Tag in der Woche vegetarisch, bis ich esse höchstens einmal im Monat Fleisch. Außerdem spielt in meiner Ernährung sehr viel mehr mit rein als nur die An- oder Abwesenheit von Fleisch. Es ging so weit, dass ich im normalen Supermarkt echt keine Lust mehr hatte mit mir selbst einkaufen zu gehen. Die meiste Zeit dort verbringe ich in der Obst- und Gemüseabteilung. Dort spaziere ich von Sorte zu Sorte und gehe meine Kriterien durch: „Das ist um die halbe Welt geflogen, das will ich nicht. Nee das, das ist doppelt in Plastik eingepackt, sowas kauf ich nicht. Das sieht gut aus, aber das vertrage ich nicht. Hmm und das da drüben mag ich nicht so gerne.“ So dauert es immer eine Weile bis ich genug gefunden habe um meine Gemüsepfannen zu machen und meine Müslischale zu füllen. Aber ich muss sagen, ich bin immer wieder erstaunt, wie viele verschiedene Sorten dann doch zusammenkommen. Wenn man nur mal darauf achtet, gibt es doch ganz schön viel in Deutschland produziertes, unverpacktes leckeres Gemüse. Bei Obst sieht es da schon schwieriger aus, aber man findet immer was. Trotzdem erfordert es immer wieder einiges an Anstrengung und auch Zeit, die viele Leute einfach nicht haben (ja, das ist wieder eine der Stellen wo es Aktionen von Regierung und von ‚den Käufern‘ gleichzeitig benötigt um das beste Ergebnis zu erzielen… nun ja, anderes Thema). Inzwischen kaufe ich ein in dem kollektiven Öko- Mitgliederladen Schwarzwurzel in Leipzig. In diesem wird auf regional und unverpackt gesetzt und dort macht es mir wieder Spaß mit mir selbst einkaufen zu gehen. Diese Möglichkeit hat natürlich nicht jeder, darum siehe Klammer oben.

Das alles spielt auch in meine Ernährung rein. Außerdem ich konsumiere ich auch andere Tierprodukte möglichst wenig und ich die, die ich konsumiere nur noch im Pfandglas kaufe. Tatsächlich dachte ich erst Gutes zu tun in dem ich statt Milch Hafer-Drink genommen habe, bis ich eine Doku über Tetra-Pak® gesehen habe. Jetzt nehme ich lieber wieder Bio-Milch aus der Glasflasche.

Nun ist die Erklärung über meine Essgewohnheiten noch viel länger geworden. Ich glaube aber nicht, dass jeder der mich fragt, ob ich Vegetarierin bin immer eine halbe Stunde Zeit hat sich meine Antwort anzuhören. Deswegen wollte ich das Ganze gerne in einem Wort zusammenfassen, welches ich dann nennen kann. Wer wirklich interessiert ist, kann dann weiterfragen und sich die ganze Geschichte anhören, wer das nicht möchte kann sich damit dann zufrieden geben. Meine neue Antwort lautet also: „Nein, ich bin Ökotarier“. Natürlich, wie es schon bei der Namensfindung für diesen Blog war, man denkt mal kreativ gewesen zu sein, aber es ist schonmal jemand anderes auf diesen Neologismus gekommen. Die Suche nach dem deutschen Wort wirft im Internet nur wenige Resultate ab, aber verwendet wurde es anscheinend schon 1-2mal. Das englische ‚Ecotarian‘ hingegen scheint schon mehr Zuspruch zu haben und hat es sogar zu einer Definition im Urban Dictionary und auf dictionary.comgebracht, wo es definiert wird als „a person who eats only food that has been produced in an environmentally friendly manner“. Auch wenn meine Definition vielleicht etwas weitreichender wäre, und die Verpackung und der Transport dieses Essens mit einbeziehen würde, klingt das schonmal nicht ganz verkehrt.

Bei meiner Suche bin ich auf eine Facebook-Seite gestoßen, die einfach ‚Ecotarian‘ heißt, und mit 265 Likes (mit mir nun 266) noch ein bisschen Wachstum vertragen könnte. Diese Facebook-Seite verlinkt weiter auf eine Website von Toni Toney, die das Konzept ein wenig ausweitet, allerdings anders als ich es erklären würde und auch etwas anders als im ‘Dictionary’ definiert. Anscheinend gibt es selbst in dieser noch sehr kleinen Bewegung unterschiedliche Strömungen. Toni Toney hat eine spirituellere Annäherung an das Thema und sieht das Problem darin, dass die Menschheit getrennt ist von ihrem Körper, dem Planeten und ihrem Schöpfer. Da ich selbst nicht religiös bin, kann ich mit dieser Herangehensweise relativ wenig anfangen. Andererseits, würde man die direkt auf Gott bezogenen Sachen weglassen, würden wir uns wahrscheinlich auf einer Wellenlänge wiederfinden können. Ihre Aussage, dass die Umweltkrise des Planeten nur die Umweltkrise in uns selbst reflektiert und beide daher rühren, dass wir für beides den falschen Brennstoff nutzen, finde ich eine interessante und gar nicht mal so falsche Sichtweise.

Auch wenn die bisher einzige Seite Ökotarismus bzw. ecotarianism nicht ganz bei mir Widerklang findet, werde ich bei dem Begriff bleiben und meinen eigenen Lebensstil immer ökotarischer werden lassen. Macht ihr mit?

Bildquelle: Andy Happel

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