03
Nov

Plastikhölle Supermarkt – oder: warum Plastikverpackungen mein Leben schwerer machen

Plastik – oder eleganter ausgedrückt: Kunststoff – ist heutzutage aus der Supermarktwelt kaum noch wegzudenken. Die Verpackungsbranche belegt mit rund 3 Millionen Tonnen (Stand 2013) Platz 1 der Kunststoffverarbeitung in Deutschland und bildet damit eine regelrechte Symbiose zur Lebensmittelindustrie. Die Bilanz dürfte heute wohl kaum geringer sein. Ich bin im Plastikzeitalter aufgewachsen und war es lange Zeit gewohnt. Doch dann fing es plötzlich an mich zu nerven…

Update September 2018: Der Artikel ist von 2015 und daher schon etwas älter. Doch auch noch heute ist es für andere Menschen sehr anstrengend mit mir in Supermärkte zu gehen…

Zu welchem Ausmaß Plastikverpackungen meinen Einkauf dominieren, habe ich erst spät in meinem Leben realisiert. Wenn ich ehrlich bin, habe ich mir lange Zeit tatsächlich sehr wenige Gedanken darüber gemacht, wie viel Müll ich durch meinen täglichen Einkauf fabriziere. Gut, ich habe zwar weitestgehend alles schön getrennt, weil ich es so gelernt hatte. Aber gekauft habe ich die Dinge in der Regel so wie sie angeboten werden: bis hin zur Unkenntlichkeit umwickelt, verschweißt und zugeklebt.

Bis zu diesem entscheidenden Punkt an dem ich begann, mich zunehmend mit Nachhaltigkeit im Alltag zu beschäftigen. Schließlich kann ich wohl schlecht in der Umweltbranche arbeiten wollen, ohne vorher bei mir selbst aufzuräumen. Plastik hat nämlich die unangenehme Eigenschaft nicht biologisch abbaubar zu sein und wird mich somit über mehrere hundert Jahre überleben.

Also konvertierte ich zum so-verpackungsfrei-wie-nur-möglich Einkäufer. Doch das ist alles andere als einfach.

Es klingt erstmal simpel: plastikfrei einkaufen

Voller Elan und hoch motiviert machte ich mich also auf den Weg in den herkömmlichen Discounter um alles zu ändern. Mission: kein Plastik (und am besten überhaupt keine unnötige Verpackung) im Einkaufswagen. Alles ist möglich, man muss es nur wollen und umsetzen!

Allerdings hielt das Hochgefühl leider nur so lange an, bis ich wieder mit einer erbärmlichen Ausbeute an der Kasse stand: Tomaten, 12 Eier im Karton und etwas von dem wenigen Obst, das nicht schon vorportioniert war. Letzteres hatte ich dann aus lauter Gewohnheit auch noch in die überall bereit stehenden Plastiktüten gepackt.

Also gibt’s die nächsten Tage wohl nur Tomatensalat mit Spiegelei. Wunderbar, da hat man ja so richtig Lust, das nächste Mal wieder plastikfrei einzukaufen!

Denn so einfach ist es tatsächlich nicht.

Noch immer stehe ich regelmäßig ratlos im Laden und weiß nicht wie es nun weitergehen soll. Vor allem in Discountern ist es im Grunde unmöglich umweltbewusst einzukaufen. Obwohl laut einer NABU Umfrage von 2014, die Mehrheit der Befragten lieber auf überflüssigen Verpackungsmüll verzichten würde, ist alles verpackt und portioniert. Und zwar nicht nur einfach, sondern doppelt und dreifach.

Alltagsstress, Bequemlichkeit und Gewohnheit sind wohl jene Eigenschaften, die dazu führen, dass es dennoch so gekauft wird.

Kann man Plastik bei Vorratsartikeln wie Nudeln oder Müsli vielleicht noch einigermaßen nachvollziehen (denn auch das ginge durchaus anders!), ist der Sinn bei eingeschweißtem Obst und Gemüse nicht so einfach herzuleiten.

Paprikamix in Plastik – ein Klassiker

Genauso gut könnte man ja die Paprika ohne Verpackung in den Korb legen. Allerdings würden Menschen dann ja auch nur das kaufen, was sie wirklich benötigen und dadurch viel weniger wegschmeißen. Undenkbar in der Gesellschaft heute. Denn leider zieht das Psycho-Spielchen bei fast jedem: „der Dreierpack ist ja auf die Menge gerechnet viel günstiger! Ich brauche zwar eigentlich keine drei Paprikas, aber wenn‘s doch billiger ist…“. Als Resultat vergammelt die grüne Paprika regelmäßig im Kühlschrank.

Auch Getränke und Milchprodukte bekommt man in der Regel nur noch in Tetrapaks angeboten, anstatt in der guten alten weitaus umwelt- und menschenfreundlicheren Glasflasche.

Discounter scheiden aus

Aus diesen (und anderen) Gründen habe ich persönlich den Discountern mittlerweile fast vollkommen den Rücken gekehrt und gehe überwiegend in solche Läden, in denen man wenigstens die Möglichkeit hat, sich für gewisse plastikfreie Lebensmittel zu entscheiden. Wenn man es darauf anlegt  (und den Tunnelblick einschaltet), kann man bei REWE, tegut und Co. nämlich mittlerweile verhältnismäßig bewusst einkaufen. Häufig werden sogar lokale Produkte vom Bauernhof in der Nähe angeboten. Erstmal schön.

Aber selbst in diesen Supermärkten komme ich oft noch an meine Toleranzgrenzen.

Das Bio-Plastik Paradoxon

Man nehme beispielsweise das weit verbreitete Bio-Plastik-Paradoxon der Obst und Gemüse Abteilung. Direkt neben nicht verpackten herkömmlichen Produkten liegt die Bio bzw. Fairtrade Variante – in Plastik verpackt. …Hä? (Ja, in Hessen ist das ein richtiges Wort und es steht sogar im Duden!)

Anders formuliert: kann mir bitte jemand erklären, was das denn für einen Sinn hat? Ich verstehe es nämlich einfach nicht. Ist das eine Art Kompensationsstrategie? – Aus Angst, wir könnten die Welt ein bisschen besser machen, kompensieren wir das vermeintlich Gute einfach durch mehr Plastikmüll!? Ist diese Logik nicht absolut widersprüchlich?

Barbara. klebte es auf den Punkt: Biogemüse in Plastikfolie, ist wie ein PETA-Aktivist im Pelzmantel.

Die Plastik-ist-Praktisch-Illusion

Eines Tages im Supermarkt: auf der Einkaufsliste stehen Pflaumen. Diese gibt es allerdings nur im Plastikbehälter inklusive Netz und integriertem Henkel. Ich sträube mich zunächst, denke aber schließlich „Naja, man kann ja einmal eine Ausnahme machen“ und greife zu. Im nächsten Moment liegen sämtliche Früchte überall nur nicht mehr in der ach so praktischen Verpackung.

Der Henkel ist gerissen und das reicht bei mir schon für einen leichten Tobsuchtanfall. Da hat diese blöde Schachtel nun schon einen Henkel und dann hält das Ding nicht!

Meine Mutter, die mich an diesem prägenden Tag begleitet, schaut mich nur mitleidig an und meint schlicht, dass das ja wohl auch nicht zum Tragen gedacht sei.

Ähm…Wie bitte?? Ich bin verwirrt. Für was soll diese Konstruktion denn bitte sonst sein, wenn nicht zum Tragen? Wenn überhaupt, dann ist das doch der einzig annähernd sinnvolle Grund an dem ganzen Plastikgedöns. Dass man Pflaumen tragen kann!

Ich nehme das Kommentar mal so hin, man soll ja immer nach vorne schauen. Obst eingesammelt (in die nicht-mehr-praktische Plastikbox), noch eine zweite, unversehrte Packung dazu und dann schnell zur Kasse. In der Hoffnung, dass mich das Plastik-Karma nicht erwischt.

Ich zahle, packe ein und da man ja bekanntlich jeden Fehler zweimal im Leben begeht, greife ich aus Reflex wieder zum Henkel. Die Geschichte wiederholt sich. Meine Mutter hatte offensichtlich wieder einmal Recht. Und ich bin überzeugter denn je, dass Plastikverpackungen – auch wenn sie einen anderen Eindruck erwecken wollen – absolut sinnfrei sind und einzig und allein dazu dienen, mir das Leben schwerer zu machen.

Um mir weitere Strapazen zu ersparen, gehe ich also am besten mit meinem Stoffbeutel in den kleinen Bioladen, verzichte dabei auf die tägliche Erneuerung dort angepriesener Papiertüten und gebe die Hoffnung nicht auf, dass auch in meiner Stadt bald ein alternativer Laden mit dem Konzept „unverpackt  Einkaufen“ eröffnet wird.

 

Foto: hundert2grad, aufgenommen in der Hölle

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