Energiegenossenschaft Leipzig Solaranlage
26
Mrz

Energiegenossenschaft Leipzig − gemeinschaftlich zur Energiewende!

Die Energiegenossenschaft Leipzig (EGL) möchte die Entwicklung erneuerbarer Energien in der Stadt voranbringen. Mithilfe ihrer Mitglieder finanzieren und bauen sie Grünstromanlagen vor Ort − zum Beispiel die Solaranlage in der Arno-Nitzsche Straße Connewitz. Seit 2016 können Leipziger den grünen Bürgerstrom der EGL nutzen.

Bis 2050 sollen 80 % der Energieversorgung in Deutschland aus erneuerbaren Energien stammen. So steht’s im Pariser Klima-Abkommen und wird das Ziel nicht erreicht, gilt die deutsche Energiewende offiziell als gescheitert. Heute sind es noch nicht einmal 15 %. Es ist also noch ein weiter Weg. Bei solch großen Aufgaben, neigt der Einzelne oft zu denken „Was kann ich da schon tun? Das muss schon von oben kommen.“

Doch das stimmt nicht ganz. Bei Energiegenossenschaften nehmen die Bürger die Sache selbst in die Hand: sie investieren, planen und bauen Grünstromanlagen selbst. So auch die Energiegenossenschaft Leipzig.

Ich bin neugierig und treffe mich mit André Wüste, dem Vorstandsvorsitzenden der EGL, auf ein Feierabend-Bierchen.

Gemeinsam ist alles grün(er)

Ziele erreicht man am besten gemeinsam − das ist der Grundgedanke einer Genossenschaft und damit auch der EGL. Sie agiert als Bürgerunternehmen, bei dem jeder Bürger durch den Kauf von Genossenschaftsanteilen Mitglied werden kann. Maximal 200 Anteile sind pro Person möglich. Im Sinne der Gleichberechtigung ändert sich das Stimmrecht jedoch nicht mit steigenden Anteilen: jedes Mitglied der EGL hat exakt eine Stimme, die für neue erneuerbare Energieprojekte in der Stadt eingesetzt werden kann.

Das Konzept erinnert in gewisser Hinsicht an einen Verein. Und in der Tat: auch bei der EGL engagiert sich das 10-köpfige Team, bestehend aus Vorstand und Aufsichtsrat, noch immer rein ehrenamtlich. Auf dieser Basis ist Zeit natürlich ein limitierender Faktor, doch die EGL schreitet trotzdem mit mutigen Schritten voran und an Professionalität mangelt es nicht. Das ist der Vorteil der Genossenschaft: es werden viele Kompetenzen gebündelt. Die Menschen ergänzen sich“, erklärt André.

EGL Ökostrom

Ich bin voll von dem Konzept überzeugt. Ich denke ich mach damit etwas Gutes.

Hauptberuflich ist André als Klimaschutzbeauftragter in Leuna tätig. Bei der EGL war er von Anfang an mit dabei − seit der Gründung im Jahr 2013. Und während ich mit ihm spreche, merke ich, dass er mit Herzblut bei der Sache ist. Anstatt zu meckern, möchte er Wege aufzeigen, wie es besser funktionieren kann. Außerdem lerne man viel, nicht nur in Hinblick auf aktuelle Entwicklungen der Energiewende und Klimaschutz, sondern auch im Umgang mit Menschen.

„Manchmal muss man sich natürlich schon überwinden, nach dem Vollzeitjob abends noch für die EGL zu arbeiten“, verrät er mir, „und wir würden schon gerne einmal irgendwann davon leben können“. Zwei Aspekte, die ich nur zu gut nachvollziehen kann.

Kohlestrom…? Kann man so machen, aber dann ist’s halt kacke!

Primär finanziert und baut die EGL Grünstromanlagen. Doch der Wunsch den Bürgern auch Leipziger Strom direkt anzubieten war von Anfang an dabei. Als rein ehrenamtliche Gemeinschaft ist jedoch eine Vermarktung nicht zu schaffen. Aus diesem Grund schloss sich die EGL 2016 den Bürgerwerken an. Diese Dachgenossenschaft mit Sitz in Heidelberg hat mittlerweile 80 Mitgliedsgenossenschaften − 12.000 Bürger stehen dahinter! So wurde der Traum vom Leipziger Bürgerstrom letztendlich wahr.

Wer hier Stromkunde wird, bekommt einen Strommix der Mitgliedsgenossenschaften der Bürgerwerke und unterstützt damit die Energiewende durch Bürgerhand. Die EGL bekommt davon einen Anteil, der wiederum in neue Leipziger Grünstromprojekte fließt.

Ohne offiziell Werbung machen zu wollen, kann ich aus eigener Erfahrung sagen: ein Wechsel ist völlig unkompliziert.

Die Vision: viele erneuerbare Energieprojekte in Leipzig und eine dezentrale Energieversorgung!

„Es gibt so viele ungenutzte Dächer“, erzählt André, „die sollte man sinnvoll nutzen!“.

Die EGL hat eine klare Vision: sie möchten noch viele weitere erneuerbare Energieprojekte in Leipzig umsetzen. Bei dem ersten Projekt in Böhlitz-Ehrenberg, fließt der Strom direkt in die Büros des Gebäudes. Der Strom aus dem zweiten Solarprojekt in Connewitz wird noch ins Stromnetz eingespeist.

Die Geschichte zum ersten Solarprojekt, kannst du dir hier anschauen:

Das Ziel der Genossen ist es, irgendwann nicht nur Energieerzeuger zu sein, sondern den erzeugten Strom auch verstärkt direkt vor Ort zu nutzen. Strom aus Leipzig für Leipzig eben. Das würde nicht nur das Stromnetz entlasten, sondern zudem die Preise senken. Und jeder Kunde wüsste genau, wo der Strom aus der Steckdose herkommt.

Das ist nicht selbstverständlich, denn Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom

Grünstrom schwarze schafeDie Frage wo und wie erneuerbare Energie generiert wird, ist keineswegs trivial. So gibt es auch beim Ökostrom viele schwarze Schafe. Manchmal bringt der Eingriff in Ökosysteme mehr Schaden als Nutzen.

Wasserwerke und Windkraftanlagen können je nach Standort kritisch sein, wenn natürliche Lebensräume dadurch beeinträchtigt werden. Auch Energie aus Biogasanlagen ist nicht sonderlich zielführend, falls die Biomasse dafür extra angebaut (Anbaufläche = Eingriff in die Natur) oder über lange Wege transportiert werden muss.

Darüber hinaus handelt es sich bei einigen selbsternannten „Ökostromanbietern“ um Tochterunternehmen großer Energiekonzerne. Das ist in etwa so, als würde Nestlé eine Initiative für „gratis Trinkwasser für alle“ gründen. Ein kleines Beispiel: Innogy, ein Tochterunternehmen von RWE, verbrennt Biomasse und nennt das nachhaltig. Allerdings verrät es noch nicht einmal, wo diese Biomasse herkommt. Interessant dabei: Innogy betreibt auch ‚Georgia Biomass‘, ein großes Holzpelletwerk in den USA. Ich habe zwar keine Beweise, aber mein gesunder Menschenverstand flüstert mir, dass es da eine Verbindung geben könnte.

Genossenschaften wie die EGL bringen einen entscheidenden Vorteil: volle Transparenz und Mitbestimmungsrecht!

Wir möchten nicht, dass die Mitglieder nur irgendwelche Geldgeber sind − wir wollen etwas zurückgeben.

Als Mitglied der EGL ist man nicht nur irgendein anonymer Geldgeber. „Uns ist wichtig, dass wir Leben reinbringen. Dass wir nicht nur irgendwelche Projekte machen, sondern auch eine Gemeinschaft sind.“, erzählt André mit spürbarer Begeisterung. Deswegen organisiert das EGL-Team manchmal Events, um das Thema „Energiewende“ mit Leben zu füllen. Am 28. April 2018 findet zum Beispiel eine „Energie-Radtour“ statt, die die EGL gemeinsam mit dem ADFC und der DGGL Sachsen organisiert.

Ich bin quasi bei mir selbst Stromkunde!

Am Ende möchte ich noch von André wissen, was die EGL in seinen Augen besonders macht und von anderen Ökostromanbietern abgrenzt. Die Antwort:

  • 100 % ige Transparenz: ich weiß nicht nur „das ist erneuerbare Energie“, sondern ich weiß genau, aus welchen Anlagen sie stammt.
  • Dadurch weiß ich, wo das Geld hinfließt. Das ist so, wie wenn ich direkt beim Landwirt Fleisch kaufe – einfach besser!
  • Außerdem unterstütze ich damit die Energiegenossenschaften im Allgemeinen.
  • und ich kann mich selbst mit einbringen und beteiligen – ich bin quasi bei mir selbst Stromkunde!

André, verrätst du uns deinen Erfolgstipp für andere Menschen mit einem Traum?

Du musst dich mit Leuten umgeben, die gleich oder ähnlich denken, die gleiche Ziele haben − und es muss Spaß machen! Das ist das Wichtigste, dass du dich dafür begeistern kannst und nicht alleine bist.

Was wir sonst noch wissen wollten

Wenn du in der Stadtverwaltung einen Beschluss durchsetzen könntest, welcher wäre das?

Dass alle städtischen Dächer mit Solaranlagen bestückt werden und das möglichst primär durch Genossenschaften

Dein Berufswunsch als Kind?

Ich glaub ich wollte mal Pilot werden

Bier oder Prosecco?

Bier

Morgens beschäftige ich mich meistens mit ... und abends mit ...

Morgens mit frühstücken… und abends mit der EGL

Was willst du im Leben unbedingt noch tun?

ich will mal in die Antarktis und Polarlichter sehen

Wo siehst du dich in 10 Jahren?

Gute Frage. Das wüsste ich jetzt auch nicht – in der Antarktis!? 😉

Hast du noch letzte Worte, die du uns auf den Weg mitgeben möchtest?

Prüft eure Stromrechnung und checkt auf der Homepage unser Bürgerstrom-Angebot

       Ich komme zu dem Schluss, dass die Energiegenossenschaft Leipzig eine echte Gemeinschaft ist, in der man mitbestimmen kann und wertgeschätzt wird und nicht nur blind irgendwelche Beiträge bezahlt. Dahinter stehen engagierte, sympathische Menschen, denen es nicht um Profit geht, sondern um eine saubere Zukunft.

Wenn du noch mehr über die EGL erfahren möchtest, schau doch mal auf die Webseite oder komm am 28. April 2018 mit zur „Energie-Radtour“. Mehr Infos zu kommenden Veranstaltungen findest du hier. Außerdem kannst du André und sein Team bei einigen Straßenfesten treffen, z.B. auf der Ökofete im Juni.

Du hast deine eigene Story, die du erzählen möchtest? Wir sind auf der Suche nach weiteren „Local Heroes“ in Leipzig. Schreib uns doch einfach mal! 

EGL Sonnenenergie

Fotos: EGL (Titelbild) & Pixabay (Bilder im Text)

Leave a Reply

You are donating to :

Would you like to make regular donations? I would like to make donation(s)
How many times would you like this to recur? (including this payment) *
Name *
Last Name *
Email *
Phone
Address
Additional Note
paypalstripe
Loading...