Warum ich kein Fleisch esse und (fast) vegan lebe
Seit 6 Jahren esse ich kein Fleisch mehr und seit nun über 1,5 Jahren lebe ich (fast) vegan. Fast, weil ich hin und wieder bewusst Ausnahmen mache, doch dazu später mehr.
Für mich ist meine Ernährungsweise keine große Sache. Weder predige ich mit erhobenen Zeigefinger den Veganismus, noch meide ich Menschen, für die Grillen ohne Fleisch keinen Sinn ergibt.
Da ich jedoch immer wieder nach dem „warum?“ gefragt werde, beschließe ich hiermit, es ein für allemal schriftlich festzuhalten. Und auch ein bisschen deswegen, weil es mich manchmal nervt, dass ich wiederholt meine Essgewohnheiten kommentieren muss – obwohl ich sie niemanden aufdränge.
Dieser Artikel beschreibt also meine persönlichen Gründe. Aber Vorsicht: die Frage nach dem ‚Warum?‚ lässt sich nicht ohne Hinweise auf die allgemeine Problematik des übermäßigen Fleischkonsums beantworten. Wer sich dadurch persönlich angegriffen fühlt, sollte lieber nicht weiterlesen.
„Wegen den Tieren, oder?“ – auch, aber eher nicht, wegen denen, an die du jetzt denkst…
„Wegen den Tieren?“ ist meistens das erste Kommentar meines Gegenübers, wenn er oder sie erkennt, dass ich die tierischen Produkte links liegen lasse. Meine Antwort lässt sich allerdings nicht mit drei Worten zusammenfassen.
Ja, auch wegen den Tieren. Aber in erster Linie nicht wegen den armen Schweinen, Rindern und Hühnchen, die eingepfercht in engen Ställen und Käfigen dahin vegetieren. Obwohl ich Massentierhaltung absolut verabscheue und mir allein die Tatsache, wie mit Nutztieren umgegangen wird, gründlich den Appetit versaut.
Mir geht es jedoch vielmehr um wild lebende Tiere und insgesamt die natürliche Artenvielfalt, die mir am Herzen liegt. Denn sie ist es, die unseren Planeten so lebenswert macht. Allerdings wird diese Biodiversität unter anderem eben auch durch unsere übermäßige Gier nach tierischem Eiweiß immer weiter verdrängt.
Fakt ist: Fleischkonsum benötigt viel landwirtschaftliche Fläche – viel mehr als wir für eine überwiegend pflanzliche Ernährungsweise benötigen würden. Und viel mehr als Deutschland jemals hergeben könnte. Deswegen werden beispielsweise für den Anbau von Soja als Tierfutter (nicht als Futter für Veganer) insbesondere auch Flächen außerhalb unseres Landes in Anspruch genommen, beispielsweise in Südamerika. Um Platz für Monokulturen und Weideflächen zu schaffen – aber auch für die Anlagen der Massentierhaltung – werden artenreiche Wälder abgeholzt und andere kostbare Ökosysteme vernichtet.
Durch diesen Landnutzungswandel wird die Lebensgrundlage zahlreicher Spezies unwiderruflich zerstört – inklusive die des Homo Sapiens by the way.
Deswegen: nein, es geht mir nicht darum, die Nutztiere zu retten. Zwar will ich natürlich nicht, dass sie leiden. Aber eigentlich wünsche ich mir, dass sie gar nicht mehr existieren – zumindest nicht in diesem Ausmaß. Damit wieder mehr Platz für natürliche Lebensräume auf dieser Welt ist und die rote Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten nicht noch länger wird.
„Aber Fisch schon, oder?“
Nein. Auch keinen Fisch. Den erst recht nicht. Und Meeresfrüchte schonmal gar nicht.
Ich habe sowieso nie gerne Fisch gegessen (was an den Gräten liegt, nicht am Geschmack). Außerdem sind die Meere hoffnungslos überfischt und bei dem Gedanken an Antibiotika-verseuchte Aquakulturen läuft mir auch nicht gerade das Wasser im Mund zusammen.
Und ja, auch für Klima, Wasser, Boden, Luft und Liebe
Treibhausgase. Emissionen. Smog. Klimawandel. Diese Begriffe dürften mittlerweile jedem präsent sein. Doch fälschlicherweise glauben noch immer viele, dass der Verkehr die Hauptursache schädlicher Klimagase ist. Und klar, Autofahren und Fliegen ist scheiße für Klima und Umwelt. Aber global gesehen verursacht die Forst- und Landwirtschaft viel mehr Emissionen (24 % vs. 14 % beim Verkehrssektors; s. IPPC Report 2014).
Die Viehwirtschaft spielt dabei eine wesentliche Rolle. Kühe pupsen wie verrückt Methan, alle Nutztiere produzieren massenhaft Gülle (wodurch wiederum Methan freigesetzt wird), durch Stickstoffdüngung wird N2O (Lachgas) in die Atmosphäre gepumpt und der oben erwähnte Landnutzungswandel für Vieh und Futter setzt Kohlendioxid aus Böden und Wäldern frei.
Hinzu kommt der enorme Wasserverbrauch in der Fleischproduktion, ausgelaugte Böden, Eutrophierung von Gewässern und, und, und…
Und wie schon die Biodiversität liegt mir eben auch Klima, Wasser, Boden und Luft am Herzen. Denn das eine kann ohne das andere nicht existieren. Auf unser tägliches Wurstbrot können wir verzichten. Aber ohne saubere Luft zum Atmen, ausreichend Wasser zum Trinken und ein angemessenes Klima, müssen wir alle Einpacken.
Für mich ist der Verzicht auf tierische Produkte also eine wichtige Form des Klima- und Umweltschutzes. Selbstverständlich aber nicht die Einzige.
Ich kann die Verbilligung & Verschwendung von Lebensmitteln nicht leiden
Das gilt natürlich nicht nur für Fleisch und Milchprodukte. Lebensmittel werden hierzulande generell gerne verramscht (Stichwort: Banane). Doch gerade beim Fleisch wird deutlich, dass wir es uns eigentlich gar nicht leisten könnten, hätte es den Preis, den es tatsächlich verdient.
Früher war Fleisch ein Luxusgut. Es wurde wertgeschätzt, mit Genuss verzehrt und in vielen Haushalten wurde sogar noch selbst geschlachtet. Heute ist es Massenware und billige Fleisch- und Wurstwaren werden uns im Supermarkt regelrecht hinterher geschmissen. Mit Qualität hat das nichts mehr zu tun und kaum jemand hat heutzutage noch einen Bezug zu dem konsumierten Produkt.
Mir persönlich sind Qualität, Transparenz, Herkunft und auch Geschmack grundlegend wichtig. Das ist ein weiterer Grund für meiner pflanzliche und stark regional bezogenen Lebensweise. Dadurch kann ich – auch bei geringem Einkommen – Wert auf Wertschätzung legen.
Weil ich Gemüse liebe!
Ich bin schockiert, wie viele Menschen es noch immer überrascht, dass Veganer sich nicht nur von Salat und Tofu ernähren.
Die pflanzliche Küche ist herrlich bunt – und ich LIEBE das Obst und Gemüse, welches unsere Region bietet. Jede Jahreszeit hat ihre ganz eigenen Schätze und ich freue mich auf jede Saison.
Natürlich gehört ein bisschen Kreativität durchaus dazu, aber die benötigt man schließlich auch für eine ausgewogene Ernährung, die Fleisch- und Milchprodukte beinhaltet. Wer will schon jeden Tag Schnitzel mit Pommes?
Gleichzeitig fühle ich mich gesund und zufrieden (und nein, ich leide weder unter Mangelerscheinungen noch Muskelschwund). Außerdem: seit ich keine Milchprodukte mehr esse, ist meine Haut viel besser geworden und mein Heißhunger auf Süßigkeiten hat sich in Luft aufgelöst. Zwei positive Nebeneffekte, wie ich finde.
„Wenn du Ausnahmen machst, bist du kein richtiger Veganer.“
Das ist eine Meinung, die ich gerne zur Kenntnis nehme, worauf ich aber nicht besonders viel Wert lege. Außerdem ist es mir sowieso herzlich egal, wenn manch einer Probleme hat, mich in eine der vielen Schubladen zu stecken, die in unserer Gesellschaft so beliebt sind. Schubladen kann ich nämlich noch weniger leiden, als meinen Wecker am Wochenende.
Ja, ich nehme mir manchmal die Freiheit Ausnahmen zu machen.
Beispielsweise, wenn Freunde einen Kuchen backen. Oder wenn ich auf Reisen in einem Land bin, in dem Veganismus noch nicht so verbreitet ist. Oder wenn mir beim Imbiss aus Versehen die Teigtasche mit dem falschen Inhalt gereicht wird und ich es erst nach dem ersten Bissen bemerke.
Wegwerfen ist für mich nämlich keine Alternative. Dann esse ich lieber ausnahmsweise mal wieder ein bissche Käse.
Auch nutze ich nach wie vor Honig und Bienenwachs – in Maßen und vom Imker meines Vertrauens. Außerdem trage ich noch immer Lederschuhe. Unter anderem weil sie bequem sind, lange halten und ich lieber ein Paar gute immer-immer-Schuhe habe, als 10 Paar schlechte. Was jetzt natürlich nicht heißen soll, dass es keine hochwertigen veganen Alternativen gibt. Doch solange meine jetzigen Schuhe noch tragbar sind, gibt es für mich einfach keinen Grund, mich mit diesem Thema auseinander zu setzen. Das folgt vielleicht in der Zukunft .
Trotz dieser Flexibilität, erlaube ich es mir zu behaupten, dass ich vegan lebe. Fast zumindest.
Bei weiteren Fragen zu meiner Ernährung stehe ich ausnahmsweise gerne zur Verfügung (vorausgesetzt, du hast zuvor den kompletten Text gelesen).
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