27
Aug

Weshalb ich trotz allem Optimist bin

Es gibt Situationen, in denen ist es schwierig nicht einfach zu resignieren und den Mittelfinger gegen die gesamte Welt zu richten. Zum Beispiel wenn man die frohe Botschaft erhält, dass Donald Trump for president kandidieren will oder Präsident Obama der Ölbohrung von Shell in der Arktis zustimmt.

Je nach Grundverfassung reicht es manchmal sogar schon, wenn man beim wöchentlichen Einkauf unfreiwillig Zeuge von den lächerlichen Alltagsproblemen mancher Menschen wird. Wie soll man reagieren, wenn sich lautstark darüber beschwert wird, dass die Mangos – die ja immerhin um die halbe Welt gereist sind – viel zu weich seien oder das Billig-Hühnchen aus der Tiefkühltheke 10 Cent teurer geworden ist? Manchmal kann ich tatsächlich nur noch den Kopf schüttelnd in die Hände stürzen und mich fragen, ob es nicht doch besser gewesen wäre, ich hätte etwas anderes gelernt und könnte mich ausschließlich den schönen unbekümmerten Dingen des Lebens widmen. Kuchen backen zum Beispiel.

Aber dieses Gefühl der Sinnlosigkeit meines Daseins hält in der Regel nur kurz an. Grob geschätzt nämlich etwa so lange wie es dauert ein Bier zu trinken und währenddessen eine wütende Nachricht an meine Freundin und Kollegin zu verfassen, in der ich meine neusten Erfahrungen mit der menschlichen Dummheit sowie meinen Zukunftsplan C erläutere. Kurz nachdem ich auf Absenden geklickt und die Bierflasche zu unserer Pfandflaschen-Blumentopf-Deko auf die Fensterbank gestellt habe, hat sich der Rauch aus meiner Nase auch schon wieder größtenteils aufgelöst. Plan C ist Vergangenheit und ich nehme wieder meine gewohnte Öko-Guerilla Haltung ein.

Denn ich bin vor allem Optimist. Immer noch. Und zwar nicht nur deswegen weil die Gesellschaft von mir verlangt, dass ich mich zwischen Pessimismus und Optimismus entscheiden muss, sondern aus tiefster Überzeugung. Dabei werde ich nicht selten nach dem ‚warum?‘ gefragt. Eine nachvollziehbare Frage. Dennoch sind meine Gründe so simpel wie auch überzeugend.

Zum Einen ist es ganz einfach so: Ich will optimistisch bleiben. Denn ich liebe diesen Planeten und ich will nicht, dass er vor die Hunde geht. Ich bin fasziniert von seiner Schönheit und Einzigartigkeit, von der Vielfältigkeit der darauf lebenden Spezies und von seiner unbändigen Gewalt, mit der er seine Macht über uns zeigt. Und obwohl ich durch und durch Naturwissenschaftlerin bin, immer alles hinterfrage und ein ‚weil es eben so ist‘ als Antwort grundsätzlich nicht akzeptiere, bin ich täglich überwältigt von dem, was die Natur alles leistet und geschaffen hat und frage mich sogar manchmal, ob es so etwas wie Wunder nicht doch gibt. Wer schon einmal eins mit der Natur geworden ist und die Erleichterung erfährt, die es bringt alles andere loszulassen, kann eine gewisse Spiritualität vermutlich nicht mehr vollkommen leugnen. Egal wie rational man normalerweise an Dinge herangeht.

Ebenso stark wie meine Faszination über Erde und Leben, ist mein Bewusstsein darüber, wie die Menschheit scheinbar ohne Sinn und Verstand dabei ist, alles zu zerstören. Anfangs noch schleichend wie eine Krankheit, mittlerweile hart und brutal wie ein Schuss in den Kopf. Als sei alles nichts wert, als seien wir nicht abhängig von unserer Umwelt, in der wir leben. Und als sehe niemand mehr diese gewaltige Schönheit dort draußen, weil Fortschritt und Wohlstand uns blind gemacht haben.

Es ist genau diese Kombination aus Faszination und knallhartem Bewusstsein der Zerstörung, welche mich auf meinen jetzigen Weg gebracht hat. Sich selbst Fehler einzugestehen, anstatt immer nur andere dafür verantwortlich zu machen. Von unten anfangen Dinge zu ändern, anstatt zu (er)warten, dass es von oben geregelt wird. Dem mainstream der Konsum- und Wegwerfgesellschaft Widerstand leisten und sich eben nicht nur treiben zu lassen. Die Augen öffnen, handeln und laut werden und auf keinen Fall resignieren.

Zum Anderen ist mein Optimismus verwurzelt in meiner Überzeugung, dass wenn man erstmal anfängt wirklich über die gesamte globale Problematik nachzudenken, wenn man beginnt die Zusammenhänge und Konsequenzen ernsthaft zu realisieren und es zudem schafft sich selbst gegenüberzutreten, um auch die eigene Schuld zu bezeugen, dadurch eine Kettenreaktion ausgelöst wird. Bei jedem Einzelnen von uns.

Erkenntnis. Eingeständnis. Motivation. Aktivismus.

Wurde dieser Weg erst einmal eingeschlagen, gibt es kein Zurück mehr. Man kann nicht mehr sagen ‚Ist mir egal‘ oder ‚geht mich nichts an‘. Man kann die Probleme, denen wir uns als Menschheit stellen müssen nicht mehr ignorieren oder gar arrogant darüber hinwegschauen und es sich in der eigenen kleinen Illusionswelt gemütlich machen. Denn plötzlich schmeckt der Kuchen des leichten Lebens nicht mehr und das Billig-Hühnchen trägt den Stempel der Ausbeutung, den wir dem Planeten aufdrücken. Die persönliche Rolle im globalen Theater ist mit einem Mal unübersehbar und die Realität brüllt ohne Erbarmen die Wahrheit ins Gesicht. Immer und überall.

Und beginnt man sich zunächst nur Fragen zu stellen, wie ‚Muss das denn so sein? ‘ oder ‚Brauch ich das wirklich?‘, wird das schon bald in einen Ausruf übergehen: Es muss sich etwas ändern! Ab dann gibt es nur noch eine Möglichkeit: Die Dinge selbst in die Hand nehmen, seinen gesamten Optimismus mobilisieren und loslegen.

Foto: Andy Happel 

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