Zentrum für Fermentation – buntes Kraut und Kimchi für alle!
Das Zentrum für Fermentation (ZfF) aus Leipzig möchte uns die Kunst der Fermentation wieder näher bringen. In ihren Workshops zeigen Björn und Lisa, wie man Kombucha, Ingwerbier oder Sauerkraut selbst herstellen kann. Zudem produzieren sie bunte Kraut-Variationen und Kimchi. Alles ist handgemacht, nicht pasteurisiert und aus überwiegend regionalen Bio-Zutaten.
Mein persönliches Verhältnis zu Sauerkraut ist etwas ambivalent. Ich kenne es von früher vom Mittagessen bei meiner Oma in Verbindung mit zu viel Fleisch. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Mittlerweile nimmt es einen festen Platz als Sauerkraut-Ingwer-Suppe bei meinem alljährlichen Feldzug gegen das nasskalte Winterwetter ein. Das Sauerkraut kommt allerdings aus dem Supermarkt. Und mehr Beachtung schenkte ich dem fermentierten Gemüse im Rest des Jahres bisher nicht. Ich glaube, dass könnte sich in Zukunft ändern…
Ich habe Lisa Erdmann vom Zentrum für Fermentation getroffen. Dahinter steht kein großes wissenschaftliches Institut, sondern ein strahlendes Zweiergespann, das uns zeigen möchte, dass Sauerkraut viel mehr ist, als nur eine farblose Beilage zu Kasseler. Ich war neugierig und bereit mehr zu erfahren – über DIY Sauerkraut, Kimchi und die Kunst der Fermentation.
Kimchi meets Sauerkraut
Unabhängig voneinander entdeckten Lisa und Björn Ihre Liebe zur Fermentation – eine besondere Form Lebensmittel zu transformieren und haltbar zu machen.
Björn arbeitete einige Zeit als Deutschlehrer in Japan und Korea. Dort lernte er unter anderem gutes Kimchi kennen, was er zurück in Deutschland schmerzlich vermisste. Die Herstellung nahm er daher einfach selbst in die Hand.
„ich dachte, ich mag Sauerkraut eigentlich nicht so, aber vielleicht ist es leckerer, wenn ich es selber mache. – Und dann habe ich mein erstes Sauerkraut angesetzt.“
Lisa hatte ihr erstes positives Fermentationserlebnis in Deutschland. Die studierte Kulturanthropologin gärtnert für ihr Leben gern und liebt es, Lebensmittel haltbar zu machen. Irgendwann traute sie sich ans Sauerkraut und stellte fest: selbstgemacht schmeckt es einfach viel besser!
Und da im Leben irgendwie alles einen Sinn ergibt, kreuzten sich die Wege der beiden Hobby-Fermentierer. Kimchi und Sauerkraut wurden vereint und 2016 ging es ans Eingemachte – das Zentrum für Fermentation wurde ins Leben gerufen!
Fermentation bedeutet für uns die gewollte Umwandlung von Lebensmitteln mit Hilfe von Mikroorganismen.
Bevor wir weiter ins Detail gehen konnten, benötigte ich einen kleinen Fermentations-Crash-Kurs…
In der Lebensmittelherstellung beschreibt Fermentation (auch „Gärung“) die Transformation von Lebensmitteln durch Mikroorganismen, wie Bakterien, Hefen oder Edelschimmelpilzen. Das Ziel: Haltbarmachen, Veredelung und Aromatisierung.
Bekannte Fermente sind zum Beispiel:
- Sauerkraut
- Kimchi
- Miso
- Kefir
- Käse
- Joghurt
- alkoholische Getränke wie Bier oder Wein
Bei der Sauerkraut-Herstellung läuft der Prozess anaerob ab, also unter dem Ausschluss von Sauerstoff in reichlich Flüssigkeit. Wie man an die kleinen mikrobiellen Helfer kommt, die für die Fermentation verantwortlich sind, ist ganz unterschiedlich.
Im Fall von Kimchi und Sauerkraut sind die Bakterien praktischerweise schon direkt am Gemüse. Die Gärung erfolgt spontan, man muss keine Bakterienkultur hinzugeben. Für die Herstellung von Tempeh muss man Sporen vom Edelschimmelpilz kaufen und bei Wein oder Bier spezielle Hefestämme.
Bei Kefir oder Kombucha, so erklärte mir Lisa, kann man sogenannte „SCOBY“ (symbiotic colony of bacteria and yeast) verwenden. „Das sind sozusagen Bakterien-Ableger, die beim Kefir aussehen wie kleine Blumenkohlröschen.“
Die ZfF Vision? – Kimchi Revolution!
„Wir finden, Fermentation ist eine tolle Methode um Lebensmittel zu transformieren, haltbar und verdaulich zu machen. Wir wollen, dass die Menschen wissen, wie das geht. Es macht Spaß und hilft, sich regional und gesund zu ernähren.“
Wie so viele Handwerklichkeiten, ist auch das Fermentieren in den letzten Generationen verloren gegangen. Zwar kennt man Sauerkraut & Co. noch, aber die Herstellung erfolgt größtenteils durch die Lebensmittelindustrie.
Mit dem Zentrum für Fermentation wollen Lisa und Björn eine alte Kunst wieder unters Volk mischen. Sie möchten uns das Vertrauen geben, selbst kreativ zu werden und zu experimentieren. Denn „Sauerkraut“ kann man nicht nur aus Weißkohl machen! In den Workshops kannst du dich selbst davon überzeugen.
Traut euch zu experimentieren. Es kann auch mal was schief gehen!
Für alle, die keine Lust auf selber machen haben, produzieren Björn und Lisa bunte Krautvarianten und Kimchi. Dafür verwenden sie nur Bio-Zutaten und arbeiten stark mit regionalen Erzeugern zusammen.
„Manchmal bekommen wir sogar Chilis aus der Region“ – erzählt Lisa mit einem Strahlen im Gesicht – „und manche Fermente, die traditionell aus nicht-regionalen Zutaten bestehen, kann man auch aus regionalen herstellen. Miso zum Beispiel. Da kann man anstatt Soja auch andere Hülsenfrüchte nehmen.“
Alle Produkte des ZfF sind übrigens nicht pasteurisiert und somit sind alle guten Bakterien noch enthalten.
Es wäre schön, einen eigenen Ort zu haben, wo wir die Menschen hin einladen können.
Im ZfF machen Björn und Lisa zu zweit alles selbst. Dementsprechend vielfältig und anstrengend ist der Job. Die Freude an der Arbeit kommt aber natürlich nicht zu kurz. Am meisten Spaß macht Lisa das Experimentieren und Vorbereiten für die Workshops.
Bisher musste das Team nebenbei noch andere Jobs machen, um ihr Herzensprojekt zu finanzieren. 2018 wollen Sie nun den nächsten Schritt wagen und sich voll und ganz auf die Fermentation konzentrieren und die Produktion vergrößern. Außerdem möchte Lisa das Bildungsangebot noch weiter ausbauen
Unterstützung erhoffen sie sich durch die aktuelle Crowdfunding Kampagne. Mit dem Geld möchten sie sich endlich den lang ersehnten Gemüseschneider kaufen.
Hier kannst du die beiden unterstützenEuer Erfolgstipp für andere Träumer?
„Den Ängsten, die einen so davon abhalten, ins Gesicht zu schauen und sich fragen ‘Was ist das Schlimmste, das mir passieren kann’? […] Im kleinen Rahmen anfangen – man muss ja nicht gleich seinen Job an den Nagel hängen.“
Was wir sonst noch wissen wollten
Wenn du in der Stadtverwaltung einen Beschluss durchsetzen könntest, welcher wäre das?
Freie Grünflächen, wie Brachflächen schützen und es coolen Gemeinschaftsgärten zur Verfügung stellen
Dein Berufswunsch als Kind?
Ich wollte in der Steinzeit leben und da das nicht ging, wollte ich Steinzeitforscherin werden
Grüner Tee oder Cappuccino?
Grüner Tee
Tanzen gehen oder gute Gespräche führen?
Das mach ich tatsächlich beides gerne – darf ich beides sagen?
Hättest du lieber mehr Zeit oder mehr Geld?
mehr Zeit (kann ich auch beides haben? 😉 )
Was willst du im Leben unbedingt noch tun?
Eine Fermentations-Entdeckungsreise durch Asien
Hast du noch letzte Worte, die du uns noch auf den Weg mitgeben möchtest?
Wir glauben an Sauerkraut als Motor des sozialen Wandels – Kimchi revolution!
Fermentation ist bunt. Dank Lisa weiß ich das jetzt – und ich freue mich jetzt schon auf meinen ersten Sauerkraut & Kimchi Workshop (…oder vielleicht doch lieber Ingwerbier?)
Wenn auch du mehr zum Thema Fermentation erfahren möchtest, schau doch mal auf die Webseite und stöbere im Workshop-Angebot. Das bunte Kraut und Kimchi kannst du mittlerweile in Leipziger Bioläden und dem Unverpackt Laden kaufen. Du findest, es sollte noch mehr buntes Kraut für Leipzig geben? Dann kannst du Björn und Lisa noch bis zum 20.12. beim Kraut- pardon Crowd-funding unterstützen!
Du hast deine eigene Story, die du erzählen möchtest? Wir sind auf der Suche nach weiteren „Local Heroes“ in Leipzig. Schreib uns doch einfach mal!
Fotos: Zentrum für Fermentation